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1994 habe ich den Schoner Atlantis auf Kiel gelegt. Nach dem tragischen Verlust habe ich 1995 dann gleich noch ein zweites Modell gebaut.

Soweit mir bekannt, war die Atlantis zur damaligen Zeit auf dem Markt der einzige klassische Segler seiner Art und in dieser Größenklasse. Alle Atlantisen denen man "begegnete" sahen irgendwie gleich aus. Was lag also näher ein wenig zu "tunen". So wurde ich vom "Gaffelseglervirus" infiziert und die zweite Atlantis bekam nach einigen Vorversuchen ein klassisches Gaffelschoner-Rigg.

Es folgte 1996 die Ketsch Ascania, eine modifizierte Norderney von Graupner, 1999 die Kutteryacht Antares und dann noch ein Abstecher zu holländischen Plattbodenseglern. Alles in allem schöne Projekte und immer ein Blickfang auf den Modellmeeren. Jedoch keiner der Nachfolger erreichte die guten Segeleigenschaften und Wettertauglichkeit der Atlantis.

Nach vielen Besuchen von maritimen Veranstaltungen entwickelte sich eine Vorliebe für gaffelgetakelte Einmaster. Schlanke Yachttypen á la William Fife und Abeking & Rasmussen sind zwar elegant anzusehen, aber um richtigen Segelspaß zu haben, müssen diese Modelle immer recht groß gebaut werden, um ein entsprechendes Gegengewicht zu der teilweise erheblichen Segelfläche zu erreichen. Das war auch das große Manko der oben erwähnten Antares. Mit einer Rumpflänge von nicht einmal 1 Meter lag das Modell bei kräftigerem Wind recht schnell auf der Seite.

Also begab ich mich auf die Suche nach einem geeigneteren Modell. 1990 habe ich das Standmodell eines englischen Zollkutters gebaut. Diese Schiffstypen haben mich schon immer gereizt, die oben genannte Ascania war ja so ähnlich. Ein geräumiger fülliger Rümpfe für viel Ballast lässt sich durchaus ohne weiteren Zusatzkiel segeln, die Länge sollte mehr als einen Meter betragen und transporttechnisch sowie beim Gewicht die Abmessungen der Atlantis nicht "überbieten".

Ab 1999 nutze ich auch das Internet für meine Recherchen. So erhielt ich die ersten Informationen über englische Lotsenkuttertypen, die sog. Bristol Channel Pilot Cutters. Ich spezialisierte nun meine Suche in diese Richtung und recherchierte nach Plänen und Bau- oder Materialsätzen.

Beim Neckar-Verlag erhielt ich den Plan eines solchen Kutters im Maßstab 1:12, gezeichnet von den Schweizer Minisailorn Franz Ammon und Stefan Streit mit einer Rumpflänge von ca. 1,20 m. Das war von den Dimensionen genau das, was ich suchte. Da ich zu dieser Zeit noch andere Projekte in Arbeit hatte, legte ich den Plan erst einmal zu den Unterlagen.

Im Oktober 2002 wurde ich dann beim englischen Rumpfhersteller Kingston Moulding (existiert nicht mehr) fündig - ein Rumpf mit einer Länge von 1,14 m. Da Rümpfe von der "Insel" einen guten Ruf haben, wurde er kurzerhand bestellt und Ich begann mit dem Bau des Modells.

Allerdings stellte sich heraus, dass sich die schlanken und eher yachtähnlichen Linien von den fülligeren klassischen Kutterrümpfen unterschieden. Der daraus resultierende geringere Auftrieb hatte zur Folge, dass weniger Ballast untergebracht werden konnte. So hatte ich wieder mit den schon weiter oben erwähnten und konstruktiv bedingten Problemen zu kämpfen. Das Modell wurde unvollendet wieder verkauft. Da es zu diesem Zeitpunkt keinen anderen Anbieter für diesen Seglertyp gab und ich für einen Planbau eines eigenen Rumpfes keine Muse hatte, wurden alle weiteren Aktivitäten in diese Richtung vorerst auf Eis gelegt.

Immer dann, wenn ich mir Gedanken über neue Projekte machte, nahm ich den Plan zwar wieder mal in die Hand, verlegte es dann aber auf "irgendwann-einmal", nach wie vor scheute ich ein wenig die "Belastungen", die ein kompletter Rumpfbau in einer normalen Mietwohnung mit sich bringen würde ... und so vergingen die Jahre.

Anfang November 2009 fand ich im Internet auf einer bekannten Auktionsplattform einen interessanten Teilesatz des englischen Segelkutter Cariad von Chris Brown und da es bei meinem Dampfschlepper Albert auf Grund der vielen kleinen Details nicht so richtig vorwärtsging, weckte dieses Angebot meine Aufmerksamkeit.

Schade allerdings, denn das Modell erreichte nicht das Mindestmaß von einem Meter, aber derselbe Anbieter hatte zusätzlich noch einen einzelnen Kutterrumpf mit einer Länge von 1,04 m im Angebot, den ich dann recht preiswert ersteigern konnte. Im Paket, welches weniger Tage später bei mir ankam, lagen ein einfacher Bauplan und ein Werbeflyer eines mir bis dahin unbekannten englischen Herstellers. Ich besuchte dessen Internetseite, um mehr Informationen über das Modell zu erhalten. Dort fand ich zu meinem Erstaunen eine ganze Reihe von ansprechenden Rümpfen aller möglichen Schiffstypen.

Noch erstaunter war ich, als ich einen weiteren Kutterrumpf fand. Ein Bristol Channel Pilot Cutter im Maßstab 1:12 mit einer Länge von 1,24 m hatte genau die Dimensionen, die ich seit Jahren gesucht hatte, noch dazu fast identisch mit dem Neckar-Verlag-Bauplan... nein sowas, hätte ich den nicht vor der Auktion finden können...

Den etwas kleineren "Auktionsrumpf" konnte ich dann in gute Hände abgeben und der Bestellung des neuen Rumpfes stand nichts mehr im Wege.

Bestellung des Rumpfes

Englische Modell-Rumpfbauer haben einen guten Ruf. Caldercraft und Kingston Moulding seien als Vertreter genannt. I. d. R. bekommt man leichte und stabile GFK-Rümpfe auf Polyester-Basis laminiert mit exzellenter Gelcoat-Außenhaut. Polyester ist perfekt, da es sich gegenüber Epoxid wesentlich besser überlaminieren und kleben lässt.

Ich habe schon mehrfach Rümpfe auf der Insel geordert, das Bestellprozedere per Kreditkarte oder über elektronische Bezahlsysteme funktioniert ohne Probleme. Der Umrechnungskurs Pfund/Euro ist mittlerweile vernachlässigbar.

Allerdings, unbedingt vorher mit dem Anbieter Kontakt aufnehmen und die Versandkosten erfragen. Bei Überschreitung bestimmter Abmessungen kann das Objekt der Begierde recht schnell den doppelten Preis erreichen.

Ich bestellte bei Orion Moulding's den Pilot Cutter Hilda inklusive Bauplan und auch diesmal lief so weit alles glatt, zumindest fast.

Nach genau einer Woche lag das Paket mit der erwarteten Qualität auf der Helling meiner Modellwerft, mit einer handschriftlichen Nachricht "Bauplan wird nachgeliefert". Fünf Tage später trudelte dieser dann auch ein.

Die beiden Planbögen sind allerdings nicht das was man von einem Bauplan erwartet. Auch bei dem o. g. Auktionsrumpf war ein Plan dabei, der bestenfalls als eine beiläufig angefertigte Skizze durchgeht, was mir auch bei anderen Bestellungen schon aufgefallen ist. Die Engländer mögen eine große Seefahrernation sein, aber beim Planzeichnen tun sie sich schwer;-)

Der Plan umfasst:

  • eine halben Linienriss in der Draufsicht
  • Seiten- und Spantenriss
  • vier vertikale Sektionsschnitte, die die Inneneinrichtung zeigen
  • eine Draufsicht auf das Deck, halbiert, eine Hälfte zeigt das Deck, die andere legt den Blick auf die Decksbalken und Inneneinrichtung frei
  • des Weiteren ein Seitenansicht des geschnittenen Modell, also wieder ein Blick auf die Inneneinrichtung

Einige wenige der Hauptdetails sind nur teilweise gezeichnet oder angedeutet

  • Innenansicht des Schanzkleids über die komplette Länge
  • Mast nur bis zum Lümmellager des Baums mit Rollreffeinrichtung (ohne weitere Detaillierung)
  • Seitenansicht des Bratspills, Draufsicht lediglich nur die Hälfte, die Seite der Spilltrommel, kaum verwertbar
  • die Klüverbaumbeting
  • Niedergang in der Drauf- und Seitenansicht lediglich als Schnittzeichnung
  • irgendetwas, möglicherweise ein Kombüsenschornstein und weitere Details, die nicht zu definieren sind

Einige wichtige Details fehlen:

  • es wird nicht klar, ob ein Pfahlmast oder Mast mit Stenge gefahren wird
  • Beschläge am Mast, Baum und Klüverbaum
  • stehendes Gut
  • kompletter Riss des bei Lotsenschiffen so wichtige Beiboot
  • das Luk zur Vorpiek ist zwar in der Seitenschnittzeichnung angegeben, fehlt aber in der Draufsicht

Der Plan ist nicht 1:1 zum Rumpf, er ist um das 1,3-fache kleiner, hochgerechnet irgendein Maßstab zwischen 1:16 und 1:15. Permanentes Umrechnen ist immer etwas nervig.

Der Segelriss ist nur stilisiert, ich würde ihm nicht wirklich vertrauen. Hochgerechnet im Maßstab 1:93,4. Zudem unterscheidet er sich grundsätzlich von dem Segelriss des Originals, welcher im Buch "Das Gaffelrigg" von John Leather abgebildet ist. Irgendwie sitze ich hier und schüttle mit dem Kopf.

Erweiterung der Unterlagen

Auf den englischen Plan kann getrost verzichtet werden, das spart ca. 25 Euro. Für ein paar Euro mehr gibt es den Plan des Lotsenkutters Cardiffian beim Neckar-Verlag, qualitativ eine Stufe besser, aber auch hier hätte man gern ein paar mehr Details. Zumindest ist dieser Plan in 1:1 und beinhaltet einen Riss für das Beiboot.

Ausreichend detailliert und gut gezeichnet ist der VTH-Plan der Dorian Gray. Er enthält, bis auf den Rumpf viele passende Elemente und lässt sich durchaus verwenden.

Keiner der Pläne enthält einen vernüNftigen Belegplan - ist dieser doch eigentlich essenziell für ein Segelschiff. Diese Informationen werden schmerzlich vermisst. Es hat sich als extrem schwierig herausgestellt, dahingehend zu recherchieren und Informationen zu bekommen.

Zur Erweiterung der Unterlagen, speziell für die Takelage, empfehle ich die beim Palstek-Verlag erhältlichen Bücher:

  • "Das Gaffelrigg" von John Leather
  • "Der Gaffelfreund" von Andreas Köpke

In der Modellbaufachpresse gibt es ebenfalls einige Veröffentlichungen:

  • Schiffsmodell 1990 Heft 12 Seite 670
  • Schiffsmodell 1991 Heft 1 Seite 42
  • Schiffsmodell 1992 Heft 7 Seite 396
  • Schiffsmodell 1995 Heft 6 Seite 7
  • Schiffsmodell 1989 Heft 10 Seite 544
  • Modellwerft 2006 Heft 6 Seite 62
  • Modellwerft 2009 Heft 11 Seite 30

Bilder findet man auf:

Einige Seiten von Originalen


Und nun... los geht's...

Am 25. November 2009 starte ich mit dem Projekt. Viel Spaß beim Blättern im Bautagebuch Gaffelkutter Ascharia.


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