Logo

Seile sind nicht nur nützlich, sondern die Harmonie in sich selbst. Manche Dinge sind einfach faszinierend im Detail und doch so simpel aufgebaut. Die eigene Herstellung von Modellseilen ist genau solch ein Kategorie.

 
Auf diesem Bild sehr gut zu erkennen, so sieht ein richtiges geschlagenes Seil aus.

Interessant dies auch einmal im Modellmaßstab ''nachzubauen''.

Aber wie geht das eigentlich?
 

Man kann nicht einfach ein paar Fäden nehmen und zusammenzwirbeln, denn dieses Wuhling würde dabei herauskommen.

Das Seil hat in sich so viel Drall, dass es sich selber zusammendreht und Kinken schlägt.

 
Schauen wir uns den Aufbau eines Seils an.

Bei der Herstellung von geschlagenem (gedrehtem) Tauwerk, werden Fasern zu Garnen gesponnen, die Garne zu Kardeelen gedreht (verdrillt) und die Kardeele zu Enden geschlagen. Meist 3-schäftig, d.h. drei Kardeele, rechtsgeschlagen.

Die nächste Stufe wäre dann das Kabel, eine dicke starke Trosse, welches in der Regel linksgeschlagen aus mehreren Seilen besteht.

Oben wurde das Verdrillen erwähnt, denn das ist das Geheimnis an der ganzen Geschichte.

Jedes einzelne Part wird verdrillt oder besser geschlagen - mehrere Fäden ergeben geschlagen ein Kardeel, mehrere Kardeele geschlagen ergeben ein Seil.

Um nun ein Seil herzustellen wird nicht das Seil in sich verdreht, sondern die Kardeele und das führt dazu, dass sich ein Seil ''bildet''.

Sonst hätten wir ja solch einen Kuddelmuddel, wie auf dem vorhergehenden Bild. Aber genau genommen ist das das eigentliche Prinzip.

 
Aber schauen wir noch einmal genauer hin.

Durch das reine Verdrillen mehrere Fäden bildet sich nämlich eine Art Seil und genau das ist das, was wir haben wollen, natürlich nicht so unordentlich, sondern schön gleichmäßig.
 
Im maritimen Wortschatz heißt das Herstellen eines Seils Reepen. Der Ort wo dies geschieht, nennt man Reeperbahn. Jeder kennt dieses Wort - eine bekannte Amüsiermeile in einer großen Hafenstadt.

Und das, was auf diesem Bild zu sehen ist, ist eine Reepmaschine. Links der sog. Folgeschlitten und rechts die Getriebeeinheit.
 
Prinzipiell ganz einfach aufgebaut und eigentlich nichts anderes als ein Planetengetriebe.

Das große Zahnrad wird durch eine Kurbel angetrieben und diese Drehung wird auf die drei kleinen äußeren Zahnräder übertragen.

In diesen Zahnrädern sind mittig jeweils eine Hakenöse angebracht.
 

Der Folgeschlitten wird später gebraucht, um das eigentliche Seil zu fertigen. Auch hier befinden sich drei Haken auf einer drehbaren Scheibe. Diese wird zunächst mit einem Arretierstift fixiert.


einfache manuelle Reepmaschine

 

Während die Getriebeeinheit mit einer Zwinge an der Werkbank befestigt ist, wird diese beim Folgeschlitten nur gebraucht, um die Fäden einzuspannen, dann wird die Zwinge entfernt.

Ich erwähnte ja schon nicht das Seil soll gedreht werden, sondern die eingespannten Fäden. Wie funktioniert nun die ganzen Geschichte?

Entsprechend der Anatomie des Seils müssen wir als Erstes die Kardeele herstellen. Die bestehen, wie erwähnt, aus einzelnen Fäden. Wir nutzen hierfür einfaches handelsübliches Nähgarn. Je nach Dicke des späteren Seils wird jetzt an jede Öse die gleiche Menge Fäden angebunden.

Nun wird die Kurbel an der Getriebeeinheit gegen den Uhrzeigersinn gedreht, um ein rechtsgeschlagenes Seil zu erhalten. Die Kardeele verdrillen sich, geraten unter Spannung und ziehen dadurch am Folgeschlitten. Mit der Hand erzeuge ich etwas Widerstand, um die Kardeele gespannt zu halten, lasse den Schlitten aber immer weiter Richtung Getriebe rutschen.

Dieser Gegendruck bestimmt die Festigkeit des Seils bzw. dessen Geschmeidigkeit. Je dünner das Seil, desto leichter muss dieser Druck sein. Müssen längere Seile hergestellt werden, kann der Druckwiderstand auch mit Gewichten erzeugt werden.

 

Der jetzt erzeugte Drall auf den Kardeelen wird zum Formen des Seil benötigt.

Wie viel Drall ist genug? Wenn der Folgeschlitten kurz losgelassen wird und die Kardeele unter weniger Spannung stehen kommt der Moment, wo die Fäden sich zusammenziehen und kleine Wirbel/Knoten bilden.

Nun wird die Kurbel in Gegenrichtung gedreht und so lange entdrillt, bis die Knoten sich von selbst lösen.

 

Mit dem Zollstock kann man nachmessen, dass sich die Länge der Fäden um ca. 20% verkürzt hat. Jetzt ist genügend Drall vorhanden.

 
Nun wird der Arretierstift am Folgeschlitten entfernt und die Kurbel ebenfalls gegen den Uhrzeigersinn gedreht.
 
Jetzt verdrillen sich die Kardeele und das Seil beginn sich zu "formen".
 

Der Abstand des Schlittens zum Getriebe vergrößert sich ein wenig, deshalb wird wieder etwas Gegendruck erzeugt, um das Seil unter Spannung zu halten.

 

Es wird an der Kurbel des Schlittens so lange gedreht, bis sich wieder diese Knoten bilden. Das Seil ist nun fertigt.

Die Ende der Kardeelen werden von den Haken getrennt und das Seile an jedem Ende verknotet und der Restdrall aus dem Seil "geschüttelt".

 

Fertig. Man hat ein schönes perfekt geschlagenes Seil.

Auch wenn man es in engen Buchten legt, erhält man weder Kinken noch verdreht sich das Seil in sich selbst.

 

Aus den normalen rechtsgeschlagenen Seilen, wie sie für das laufende und stehende Gut des Segler benötigt werden, können dann sog. Kabel hergestellt werden. Das sind sehr starke Leinen, wie z.B. die Ankertaue.

Hier geht man genauso vor, nur dass als Kardeele jetzt ein fertiges Seil genommen wird und die Kurbel im Uhrzeigersinn gedreht werden.


Hinweise

Es gibt derzeit zwei Anbieter auf dem deutschen Modellbaumarkt mit recht einfachen manuell betriebenen Reepmaschinen, die beide nach dem o.g. Prinzip arbeiten. Zwar sehr einfach aufgebaut, erfüllen sie doch ihren Zweck.

Üblicherweise haben normale Taue eine rechts- und Kabel bzw. Ankertaue einen linksgängige Schlagrichtung. Auf beiden Maschinen ist die Drehrichtung der Kurbel im Uhrzeigersinn angegeben.

Wenn man jedoch die üblichen Seile, wie auf dem Foto zusehen, schlagen möchte und einen Blick auf die Getriebeeinheit wirft, drehen sich die äußeren Zahnräder zwangsläufig in Gegenrichtung und die Kardeele werden von der Kurbelseite gesehen links verdreht. Möchte man die Seile so wie abgebildet herstellen, muss an der Kurbel entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht werden.

  • rechtsgeschlagene Seile 
    rechtsgeschlagene Seile
  • Angabe der Drehrichtung 
    Angabe der Drehrichtung
  • falsch 
    falsch
  • richtig 
    richtig

Irgendwann wird man allerdings feststellen, dass das Reepen mit manuellem Antrieb zeitintensiv und dadurch etwas nervig sein kann.

Auf shipworkshop.com findet man eine Reepmaschine mit Motorantrieb, die mit einer etwas anderen Methode arbeitet. Dieses kleine feine Werkzeug habe ich bei einer Hobbyauflösung eines bekannten Modellbauer für eine Tüte Kaffee erstehen können.

Man klemmt die Maschine irgendwo an einem senkrechten Brett oder Schranktür fest, die Fäden werden mit einem Gewicht beschwert und das Seil wird dann freihängend nach demselben Prinzip geschlagen. Erstaunlich einfach und effektiv.

Es kann links und rechtsgeschlagen werden, bis zu vier Kardeele und sogar mit Seele.

  •  
  •  
  •  
  •  

Ein Video von shipworkshop veranschaulicht die Funktionsweise dieser Reepmaschine. Das Reepen mit demselben Prinzip zeigt ein russischer Schiffsmodellbauer auf seinem auch sonst empfehlenswertem Youtube-Kanal.



SeitenanfangZurückWeiter
aktuelles Projekt
Infos