Seile selber herstellen |
Ein Seil, Tau oder Leine, ist ein langer aus Drähten, Natur- oder Kunstfasern zusammengedrehter (geschlagener) Gegestand zur Aufnahme oder Übertragung von Zugkräften.
Seile sind nicht nur nützlich, sondern die Harmonie in sich selbst. Manche Dinge sind einfach faszinierend im Detail und doch so simpel aufgebaut. Die eigene Herstellung von Modellseilen ist genau solch ein Kategorie.
Man kann nicht einfach ein paar Fäden nehmen und zusammenzwirbeln, denn dieses Wuling würde dabei herauskommen.
Das Seil hat in sich so viel Drall, dass es sich selber zusammendreht und Kinken schlägt.
Oben wurde das Verdrillen erwähnt, denn das ist das Geheimnis an der ganzen Geschichte.
Jedes einzelne Part wird verdrillt oder besser geschlagen - mehrere Fäden ergeben geschlagen ein Kardeel, mehrere Kardeele geschlagen ergeben ein Seil.
Um nun ein Seil herzustellen wird nicht das Seil in sich verdreht, sondern die Kardeele und das führt dazu, dass sich ein Seil ''bildet''.
Sonst hätten wir ja solch einen Kuddelmuddel, wie auf dem vorhergehenden Bild. Aber genau genommen ist das das eigentliche Prinzip.
Der Folgeschlitten wird später gebraucht, um das eigentliche Seil zu fertigen. Auch hier befinden sich drei Haken auf einer drehbaren Scheibe. Diese wird zunächst mit einem Arretierstift fixiert.
einfache manuelle Reepmaschine
Während die Getriebeeinheit mit einer Zwinge an der Werkbank befestigt ist, wird diese beim Folgeschlitten nur gebraucht, um die Fäden einzuspannen, dann wird die Zwinge entfernt.
Ich erwähnte ja schon nicht das Seil soll gedreht werden, sondern die eingespannten Fäden. Wie funktioniert nun die ganzen Geschichte?
Entsprechend der Anatomie des Seils müssen wir als Erstes die Kardeele herstellen. Die bestehen, wie erwähnt, aus einzelnen Fäden. Wir nutzen hierfür einfaches handelsübliches Nähgarn. Je nach Dicke des späteren Seils wird jetzt an jede Öse die gleiche Menge Fäden angebunden.
Nun wird die Kurbel an der Getriebeeinheit gegen den Uhrzeigersinn gedreht, um ein rechtsgeschlagenes Seil zu erhalten. Die Kardeele verdrillen sich, geraten unter Spannung und ziehen dadurch am Folgeschlitten. Mit der Hand erzeuge ich etwas Widerstand, um die Kardeele gespannt zu halten, lasse den Schlitten aber immer weiter Richtung Getriebe rutschen.
Dieser Gegendruck bestimmt die Festigkeit des Seils bzw. dessen Geschmeidigkeit. Je dünner das Seil, desto leichter muss dieser Druck sein. Müssen längere Seile hergestellt werden, kann der Druckwiderstand auch mit Gewichten erzeugt werden.
Der jetzt erzeugte Drall auf den Kardeelen wird zum Formen des Seil benötigt.
Wie viel Drall ist genug? Wenn der Folgeschlitten kurz losgelassen wird und die Kardeele unter weniger Spannung stehen kommt der Moment, wo die Fäden sich zusammenziehen und kleine Wirbel/Knoten bilden.
Nun wird die Kurbel in Gegenrichtung gedreht und so lange entdrillt, bis die Knoten sich von selbst lösen.
Mit dem Zollstock kann man nachmessen, dass sich die Länge der Fäden um ca. 20% verkürzt hat. Jetzt ist genügend Drall vorhanden.
Der Abstand des Schlittens zum Getriebe vergrößert sich ein wenig, deshalb wird wieder etwas Gegendruck erzeugt, um das Seil unter Spannung zu halten.
Es wird an der Kurbel des Schlittens so lange gedreht, bis sich wieder diese Knoten bilden. Das Seil ist nun fertigt.
Die Ende der Kardeelen werden von den Haken getrennt und das Seile an jedem Ende verknotet und der Restdrall aus dem Seil "geschüttelt".
Fertig. Man hat ein schönes perfekt geschlagenes Seil.
Auch wenn man es in engen Buchten legt, erhält man weder Kinken noch verdreht sich das Seil in sich selbst.
Aus den normalen rechtsgeschlagenen Seilen, wie sie für das laufende und stehende Gut des Segler benötigt werden, können dann sog. Kabel hergestellt werden. Das sind sehr starke Leinen, wie z.B. die Ankertaue.
Hier geht man genauso vor, nur dass als Kardeele jetzt ein fertiges Seil genommen wird und die Kurbel im Uhrzeigersinn gedreht werden.
Anmerkungen
Es gibt derzeit zwei Anbieter auf dem deutschen Modellbaumarkt mit recht einfachen manuell betriebenen Reepmaschinen, die beide nach dem o.g. Prinzip arbeiten. Zwar sehr einfach aufgebaut, erfüllen sie doch ihren Zweck.
Üblicherweise haben normale Taue eine rechts- und Kabel bzw. Ankertaue einen linksgängige Schlagrichtung. Auf beiden Maschinen ist die Drehrichtung der Kurbel im Uhrzeigersinn angegeben.
Wenn man jedoch die üblichen Seile, wie auf dem Foto zusehen, schlagen möchte und einen Blick auf die Getriebeeinheit wirft, drehen sich die äußeren Zahnräder zwangsläufig in Gegenrichtung und die Kardeele werden von der Kurbelseite gesehen links verdreht. Möchte man die Seile so wie abgebildet herstellen, muss an der Kurbel entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht werden.
Irgendwann wird man allerdings feststellen, dass das Reepen mit manuellem Antrieb zeitintensiv und dadurch etwas nervig sein kann.
Auf shipworkshop.com findet man eine Reepmaschine mit Motorantrieb, die mit einer etwas anderen Methode arbeitet.
Man klemmt die Maschine irgendwo an einem senkrechten Brett oder Schranktür fest, die Fäden werden mit einem Gewicht beschwert und das Seil wird dann freihängend nach demselben Prinzip geschlagen. Erstaunlich einfach und effektiv.
Es kann links und rechtsgeschlagen werden, bis zu vier Kardeele und sogar mit Seele.
Ein Video von shipworkshop veranschaulicht die Funktionsweise dieser Reepmaschine. Das Reepen mit demselben Prinzip zeigt ein russischer Schiffsmodellbauer auf seinem auch sonst empfehlenswertem Youtube-Kanal.