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Dieser Artikel ist beim Bau des Hafenschleppers Saturn der Fa. Graupner alias Dampfschlepper Albert entstanden.

Irgendwann kommt man auf die scheinbar unsinnigsten Ideen.

Einen glatten Rumpf bei einem fast hundert Jahre alten Schiff, das geht doch nicht... der muss genietet werden. Klar, das kann doch nicht das Problem sein, oder doch?

Außerdem finde ich das scheinbare Chaos der zahllosen ''Knubbel'' faszinierend, was sich natürlich bei näherer Betrachtung als ein geordnetes System herausstellt und letztendlich ringt es mir eine gehörige Portion Respekt gegenüber einem alten traditionellen Schiffbauhandwerk ab.

Also galt es, die Art und Weise der Nietung am Original zu studieren.

Hier am Beispiel des Dampfschlepper Saturn.

Der Rumpf besteht aus fünf Plattengängen pro Seite. Jeder Plattengang ist aus mehreren hintereinanderliegenden Einzelplatten auf Stoß aneinandergesetzt.

Vom Schanzkleid in Richtung Kiel gibt es drei aufgesetzte Plattengänge, sieht so ein bisschen aus, als ob Streifen aufgebracht sind.

Die Platten sind jeweils einfach mit den Spanten vernietet, mindestens eine Doppelreihe verbindet die Plattenstöße und längs, entlang der Plattengangüberlappung, liegt Niet an Niet nebeneinander.

Die Enden der Plattengänge sind so gebogen, dass sie mit einer Doppelreihe fest am Kiel und Steven vernietet sind.

Dabei handelt es sich um Flachniete.

Nun zur Imitation am Modell. Den Rumpf einfach mit Niete zu spicken, erschien mir zu simpel, wenn schon denn schon. Also mussten die Plattengänge nachträglich auf den Rumpf aufgesetzt werden.

Es wurde ein Nietplan gezeichnet, um die Anzahl der Niete zu ermitteln.

Dann stand ich vor dem Problem, wie fertigt man solche Niete oder was kann als Nietimitat genutzt werden. Nach einigem Hin und Her schienen Stecknadeln eine gute Wahl zu sein. Abgeflachte Halbrundköpfe, etwa 1,7 mm Kopfdurchmesser, ja, das könnte gehen.

Aber es so richtig überzeugt mich das Ergebnis erster Testversuche nicht. Die Nadelköpfe waren nicht immer ganz mittig auf dem Nagelschaft, hatten teilweise einen unterschiedlichen Durchmesser und die Unterkante des Kopfes war nicht plan, sprich keine scharfe Aufsatzkante.

Also weitersuchen und im Internet recherchieren. So fand ich die Homepage von GHW Modellbauversand. Hier wurden entsprechend passende Niete angeboten, allerdings für etwa 5 Cent Stückpreis. Ich müsste als gut mit 200 Euro Investitionskosten rechnen, das war nicht haltbar.

Einfach angerufen und nach Mengenrabatt gefragt und siehe da, kein Problem. Letztendlich haben wir uns bei 75 Euro + portofreier Versand geeinigt, also etwas mehr als 1 Cent Stückpreis. Da konnte ich nicht widerstehen.

Nichts zum Messen dabei, also improvisieren. Eine Niete am Rumpf des Originals hat ca. 4 cm Durchmesser.

Man erhält hier einen kleinen Überblick, was einem bevorsteht, will man so etwas am Modell realisieren. Gut zu erkennen, die einzelnen Plattengänge.

Noch einmal der Rumpf des Originals in der Totale, gut ist die gesamte ''Plattenkonstruktion'' zu erkennen.

Das Modell "Schleppdampfer Max" von Elde-Modellbau kommt schon sehr an meine Vorstellungen heran.

Es wurde zwar auf die Nachbildung der Plattengänge verzichtet, es sieht jedoch einfach gut und wesentlich authentischer aus als ein glatter Rumpf.

  • Rumpftuning 
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Um überhaupt abschätzen zu können, wie viel Niete benötigt werden, habe ich den Bauplan digitalisiert und einen Nietplan angefertigt.

Geduldig wurde jede benötigte Niete eingezeichnet und letztendlich bin ich so auf die stattliche Anzahl von ca. 4.000 Niete gekommen.

Die Plattengänge sind aus 0,75 mm Polystyrolstreifen realisiert, ein klein wenig zu dickes Material, aber 0,5 mm erschien mir wiederum zu dünn. Zwischenmaße sind leider nicht im Handel erhältlich, aber ich denke man kann mit leben.

  • Rumpftuning 
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Stecknadeln sind eine Alternative, aber wie schon erwähnt nur bedingt geeignet.

4.000 Niete - Schaftdurchmesser 1 mm, Kopfdurchmesser 1,6 mm.

  • Rumpftuning 
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Nach ca. 20 Baustunden, sind etwa ein Drittel des Rumpfes genietet.

Dazu wurden ca. 1.500 Niete verarbeitet.

Ich habe mir aus einem dünnen Messingblech ein Bohrschablone hergestellt. Mit Hilfe dieser Schablone werden die Löcher ''vorgekörnt'', dann mit einem 0,9 mm Bohrer gebohrt, die Bohrungen von innen und außen überschliffen (entgratet), Niet eingesteckt und von innen mit Sekundenkleber fixiert.

Gebohrt wird per Hand mit einem Bohrerklöbchen.

Ich bohre immer erst zwei bis drei Spanten, Plattenkanten und Plattenstöße komplett beidseitig, so um die 200 Löcher und stecke dann die Niete. Durch die 0,9er Löcher sitzen diea Niete recht stramm und fallen nicht mehr raus.

  • Rumpftuning 
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Doppelnietreihe am Kiel und Achtersteven und so sieht der Rumpf von innen aus. Später werden die Überstände noch mit dem Seitenschneider beschnitten und einmal mit Harz überlaminiert.

  • Rumpftuning 
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Der komplette Rumpf ist genietet. Es wurden insgesamt 4.144 Niete verarbeitet.

Erwähnen möchte ich vielleicht noch, es ist eine reine Fleißarbeit, also auch für ''Nicht-so-Geübte'' durchaus machbar.

Rumpftuning

Ansonsten kann ich dieses ''Rumpftuning'' wirklich empfehlen, es sieht schon im Rohbau richtig gut aus.

Die ganze Arbeit geht auch ganz locker abends vor der ''Glotze''. Die paar Bohrspäne können schnell wieder weggesaugt werden.

Man schafft in einer Sitzung ''nur'' etwa 500 Niete inklusive ankörnen und vorbohren, dann ''ziehen'' die Nackenmuskeln und man sollte pausieren.

Bei einem Fertigrumpf ist es ein wenig problematisch, nachträglich die Spanten außen auf dem Rumpf aufzuzeichnen. Ich habe mir mit einer Formlehre und einem rechten Winkel weitergeholfen, das geht ganz gut.

Mittlerweile ist der Rumpf grundiert und komplett lackiert.

Inklusive der Niete am Schanzkleid wurden insgesamt 4.892 Niete verarbeitet.

In der Nahaufnahme, Man beachte auch den seidenmatten Anstrich, der einen sehr realistischen Eindruck erzeugt.

  • Rumpftuning 
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